Der langjährige Chefarzt Roland Kämpf geht in den Ruhestand, zum 1.April übernimmt sein Nachfolger Gabor Nagy. Ärzte aus Leidenschaft sind beide.
In der Notaufnahme des SRH Wald-Klinikums Gera, einer der größten Rettungsstellen Thüringens, wechselt zum 1.April die Chefarzt-Besetzung. Gabor Nagy wird Nachfolger des langjährigen Chefarztes Ronald Kämpf, der in den Ruhestand geht. Das ist ein Generationswechsel, schließlich ist Nagy fast 20 Jahre jünger. Doch beide Ärzte verbindet auch Grundlegendes: der Mut zu schnellen, fundierten Entscheidungen; das Talent, in allen Lagen die Ruhe zu bewahren. Und, das mag Zufall sein, beide haben einen ähnlichen Musikgeschmack - harte Rockmusik.
Der Alte
Der gebürtige Rudolstädter Roland Kämpf kam 1996 an das Geraer Klinikum. Eine zentrale Rettungsstelle für alle Patienten, wie wir sie heute kennen, gab es da noch nicht. Jeder Fachbereich hielt seine eigene kleine Notaufnahme vor. Zu aufwändig, zu schwer zu koordinieren, zu unübersichtlich. Neue Strukturen sollten her. Kämpf, der an der Universität Jena seinen Facharzt für Chirurgie und für Anästhesie gemacht hatte, wurde gefragt und entschied sich schnell für die neue Aufgabe. Schritt für Schritt hat er die heute interdisziplinär arbeitende Notaufnahme aufgebaut. Sie ist der zentrale Anlaufpunkt für alle Notfälle und mit allen Bereichen des Klinikums vernetzt. Die Patientenzahlen sind stetig gestiegen – zuletzt auf 36 000 im Jahr, das Team ist gewachsen, die Räume wurden mehrfach erweitert. Abläufe zwischen Rettungswagen und Stationsbett sind organisiert und strukturiert. Heute ist die Rettungsstelle das Herzstück des Krankenhauses, das rund um die Uhr schlägt.
Keine Entwicklung - ob in der Medizin oder in der Gesellschaft - geht spurlos an der Notaufnahme vorüber. Auch eine geschlossene Hausarztpraxis oder die Diagnose von Dr. Google sind heute Gründe, in die Rettungsstelle zu gehen. Roland Kämpf war all die Jahre der Ruhepol in der Welt der unplanbaren Fälle und schnellen Entscheidungen. Er ist das, was man einen Arzt aus Leidenschaft nennt. Er habe es sich nie zu Schulden kommen lassen, sagt der 66-Jährige, einen Patienten nicht ernst genommen zu haben. „Es ist immer unsere Erfahrung und unser Wissen, mit dem wir entscheiden, ob der Patient nach einer Untersuchung wieder nach Hause kann oder stationär aufgenommen wird. Und es ist auch immer unsere Verantwortung.“
Bereut hat er nichts: nicht das Studium als erster in seiner Familie; nicht den Ausreiseantrag in der DDR, der seinen Werdegang beeinflusste; nicht den Entschluss für Gera und für die Rettungsstelle. Trotzdem hinterfrage er auch immer wieder Entscheidungen, die innerhalb von Minuten getroffen werden müssen, weil ein Leben auf dem Spiel steht. „Wer das nicht macht, entwickelt sich nicht weiter.“
Kämpf freut sich jetzt auf die Zeit mit seiner Familie, aber er werde auch seine Mitarbeiter vermissen und den Job. Deswegen ist er weiter als Notarzt im Saale-Holzland-Kreis unterwegs. Seine Rettungsstelle, sagt Ronald Kämpf, gebe er in gute Hände.
Der Neue
Sein Nachfolger ist der gebürtige Leipziger Gabor Nagy, der zuletzt die Zentrale Notaufnahme in Glauchau leitete. Seine neue Arbeitsstelle im SRH Wald-Klinikum Gera ist drei Mal so groß. Wenn der 48-Jährige von einer neuen Herausforderung spricht, ist das nicht einfach so gesagt.
Gabor Nagy kennt Medizin von beiden Seiten, aus Sicht der Pflege und der Ärzte. Nach seinem Zivildienst wollte er unbedingt Krankenpfleger werden. Ein erfüllender Beruf. Doch damit war auch seine Neugierde geweckt, tiefer in die Medizin einzudringen. Er studierte in Leipzig Medizin, kam 2011 als Assistenzarzt nach Glauchau, absolvierte seinen Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, arbeitete als Oberarzt auf der Intensivstation und als OP-Manager bevor er die dortige Rettungsstelle übernahm. Die Intensivmedizin und die Notarzttätigkeit seien seine Leidenschaft. Das schnelle Reagieren, das Übersicht-Behalten, das Organisieren und Strukturieren in ständig neuen Situationen – das mögen andere als Stress empfinden, für ihn macht es den Job erst aus.
Privat ist Gabor Nagy ein Familienmensch. Er ist Vater von vier Kindern und spricht von der besten Ehefrau der Welt. Die Biologin ist Kuratorin der naturwissenschaftlichen Sammlung im Naturalienkabinett Waldenburg, Nagy empfiehlt es als Ausflugstipp. Musikalisch gehört seine große Leidenschaft der eher gitarrenlastigen Musik, sein Held heißt Lemmy Kilmister.
Einen Monat lang haben die beiden jetzt zusammengearbeitet. Zum 1. April wird der eine gehen, der andere allein übernehmen. Ein neuer Abschnitt beginnt für beide.