Hilfe bei gelähmten Stimmbändern: Kehlkopfschrittmacher lindert Atemnot
Für Prof. Dr. Andreas Müller, Chefarzt unserer Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, wird eine Vision Wirklichkeit: Zehn Jahre nach der ersten Machbarkeitsstudie erreicht die Forschungsarbeit an einem so genannten Kehlkopfschrittmacher die finale Phase.
Der Schrittmacher richtet sich an Patient:innen, die unter beidseitiger Stimmlippen-Lähmung leiden. Die seltene Erkranung kann als Folge von operativen Eingriffen an Schilddrüse, Herz und Wirbelsäule auftreten, aber auch durch Infektionen ausgelöst werden. Betroffene leiden unter Atemnotzuständen bei jeglicher körperlicher Anstrengung, die Stimme wird schwach. Die Patient:innen können häufig nicht mehr arbeiten und ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück.
Zwei Zulassungsstudien
Wir freuen uns nun mitteilen zu können, dass ab Juli 2023 in Deutschland und Österreich zwei Zulassungsstudien für einseitig am Stimmband schon voroperierte und noch nicht voroperierte Patienten begonnen haben. So konnten in Berlin, Innsbruck, Stuttgart, Wien, Würzburg und auch bei uns in Gera bereits 8 Patienten in die neue Studie eingeschlossen werden. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und werden weiter berichten. (2012 konnte unser Team in Gera über die erste Kehlkopfschrittmacherimplantation berichten. Das neue an dieser Therapieform war, dass eine Verbesserung der Atemfunktion ohne Verschlechterung der Stimme für Patienten mit beidseitiger Stimmlippenlähmung erreicht werden konnte.)
So funktioniert der Schrittmacher für den Kehlkopf
Ein mit einem Herzschrittmacher vergleichbarer Impulsgenerator sendet über eine nur einen Millimeter dünne Elektrode elektrische Signale an den bei Rekurrensparese (Stimmlippenlähmung) nur im „Winterschlaf“ befindlichen Öffner-Muskel des Kehlkopfs. Nach Aktivierung des Systems (2-3 Wochen nach der Operation) kommt es wieder zu einer Öffnung der Stimmlippe beim Atmen. So wird den Patienten die Atemmnot (Belastungsdyspnoe) genommen, ohne dass die Stimme leidet, wie dies bei bisherigen Operationen der Fall ist.
Erste Studie 2012
Für die erste Studie am Menschen hatten wir fünf Patienten rekrutiert, die die Studie erfolgreich abschließen konnten und die eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität zeigten. Unsere erste Patientin schickte uns sogar eine Postkarte vom Wandern in den Alpen – eine solche körperliche Anstrengung wäre vorher undenkbar gewesen.
Diese frühe gemeinsame Studie mit Zentren in Innsbruck und Würzburg zeigte aber auch noch Weiterentwicklungsbedarf am System auf. Anlässlich einer MEDICA-Pressekonferenz konnten wir gemeinsam mit unserem Industriepartner, der Firma MED-EL, Innsbruck, Österreich ankündigen, dass ein weiterentwickeltes Implantat-System zur Verfügung steht und in klinische Zulassungsstudien in Deutschland und Österreich gehen wird (https://www.medica.de/de/medtech-devices/stimmlippenparese-chirurgisch-gegen-lähmung-vorgehen).